Freitag, 13. Dezember 2013: Suche nach der alten Scheichwohnung und Flug in das Land von Sindbad…

Da ist doch heute eine Russin vom asiatischen Personal bis vor den Frühstückstempel verfolgt wurden. Sie hatte für sich und ihren Sohn ein Koffer-großes Lunchpaket gepackt. Das wäre nicht erlaubt. Die Ertappte schaut kurz irritiert, dann dreht sie sich wie Miss Piggy von der Muppetshow um und läuft wutschnaubend Richtung Hotelausgang. Man wird hier immer wieder köstlich unterhalten, wenn man an der Bar sitzt und WLAN schnorrt. Aber das ist ja offiziell, gewünscht, legal. Ich starte ein letztes Mal meinen vormittäglichen 1,5 km Fußmarsch Richtung Metro Station Al Fahidi. Wie jeden Morgen wird mir wieder ein Smartphone von demselben traurig ausschauenden Menschen angeboten, wie die letzten zwei Tage zuvor. Ich beachte ihn heute mal nicht. Nur eine Station fahren, dann müsste ich ganz dicht an zwei meiner Tagesziele sein: dem Sheikh Saeed al-Maktoum House und dem Heritage House. Im ersteren lebte der Großvater des heutigen Herrschers von Dubai, der damals die Weichen vom Mittelalter Richtung Moderne gestellt haben soll. Das ist eine Art kleines Fort am Creek, welches 1996 aufwendig renoviert wurde. Das Heritage House ist eine Art Zeitreise in das Dubai Anfang des 20. Jahrhunderts, als man hier noch nach Korallen und Fischen fischte. Ein paar ärmliche Häuser, die Festung von Sheikh Saeed al-Maktoum – that’s all. Das war Dubai. Und in den restlichen Emiraten der VAE sah es nicht viel anders aus.

Das Problem des heutigen Tages – ich finde Beides nicht. Ich steige zwar an der richtigen Metro Station aus, laufe aber in die falsche Richtung, da mein Offline-Navi beide Ziele nicht kennt. Auch deute ich die Antwort zweier Asiaten falsch. Ich lande wieder an der mir schon bekannten Abra-Station und trifte dahinter in den Old Dubai Souk ab. Der sieht schön antik aus. Während ich da durchlaufe, werde ich von 3-4 Indern oder Pakistanis überfallen. Also mit ihrer stereotypen Kaufanmache, die sie meist seelenlos runterrasseln. Ich bin es eigentlich müde, da immer höflich zu bleiben, denke ich sage heute mal NIX. Da Yoda, der Behüter all meiner Reisen wie üblich aus meiner Knietasche alles genau beobachtet, wird er auch von diesen Männern gesehen. Was das ist, und ob sie es mal haben können… Bei netten Leuten mache ich mir die Mühe, den Hintergrund und StarWars zu erwähnen. Hier habe ich keine Lust. Prompt greift mir einer dieser Typen in die Tasche und will Yoda rausholen. Null Respekt wird mit Null Toleranz beantwortet: ich haue ihm kräftig auf seine Finger und Yoda bleibt wo er ist. Auch kann ich endlich mal etwas anwenden, was ich neulich gelesen habe. Ich sage: „1st: Don‘t touch me! / 2nd: Don‘t touch me!“ Das kommt gut an. Sie schauen jetzt ziemlich ratlos und etwas respektvoller drein. Um die Ecke entdecke ich das Dubai Museum, das ich auch besuchen wollte, es öffnet aber erst 15 Uhr seine Pforte. 

Ich starte einen weiteren Versuch das Sheikh Saeed al-Maktoum House und dem Heritage House zu finden, verfahre mich mit einer Buslinie und lande in den Außenbezirken von Dubai. Ich peile nun die Al Ras – Metro Station an, steige dort aus und sehe gegenüber, auf dem anderen Flussufer die beiden gesuchten Ziele. Jetzt noch übersetzen mit dem Abra und ein wenig laufen. So etwas wie das Heritage House gibt es auch in Abu Dhabi, auf der Halbinsel gegenüber der Corniche Road. Hier stellt man Wohnen, Arbeiten, Lebensart, Kunst und Handwerk vor dem Ölboom aus. In wenigen Jahrzehnten wurden die Emirate aus dem Mittelalter in die (westliche) Moderne katapultiert… und manchmal ein Stück darüber hinaus.
Vor einer einfachen Hütte sitzen drei alte Männer. Meine Theorie: Sie kommen mit diesem hypermodernen Dubai nicht klar, leben hier im Museum, kümmern sich um die Kamele, frönen ihrer Jahrhunderte-alten Handwerkskunst, leben ohne Highspeed. Vermutlich haben sie aber trotzdem Smartphones in der Tasche ;). Ein jüngerer Araber schürt das Feuer, schmeißt dabei eine Trommel aus Versehen in die Flammen. Es folgen nun drei Standpauken der drei Alten – gleichzeitig. ;)

Das Areal ist ganz interessant, vor allem auch für die jüngeren Generationen der Locals, die das nicht mehr kennen. Da heute Freitag ist, sind auch viele Gastarbeiter unterwegs, lassen sich vor der Skyline oder dicken Autos fotografieren und schicken das dann nach Indien, Nepal, Pakistan, Bangladesch oder sonst wo hin. Am Creek gehen Familien spazieren, ein OpenAir-Restaurant lädt zum Verweilen ein. Ich setze mich direkt an den Creek, bestelle mir was Leckeres, denn ich habe noch einen Überschuss an Dirhams. Wasser und Schiffe üben nach wie vor eine große Anziehungskraft auf mich aus. Gern würde ich irgendwann mal mit einem Hochseefrachter eine Überfahrt wohin auch immer machen. Mit so einem Holzfrachter, wie er gerade an mir vorbeizieht, wäre das sicher auch ein Abenteuer. Aber da sind ja die Piraten vor den Küsten, das wäre in diesem Fall mehr Abenteuer, als mir lieb ist.
Im Sheikh Saeed al-Maktoum House, welches ich oben schon näher erwähnte, gefielen mir am besten die alten Fotografien von Dubai aus den Jahren 1910-1960. Da gab es doch tatsächlich nur diese kleine Palastfestung und einige eingeschossige Lehm- und Steinhäuser. Alles sehr einfach, der Fluss war nicht befestigt.

Meine Zeit in Dubai geht zu Ende, ich fahre zurück in mein Hotel, löse meinen Kofferrucksack aus und nehme mir ein Taxi zum Flughafen. Der Fahrer kommt aus Südindien, genauer gesagt aus Kerala und somit haben wir auch ein Smalltalk-Thema, denn da war ich Anfang 2012. Der Schalter von Swiss ist extrem versteckt, mehr so ein Nebenzimmer der Haupthalle F. Ich erfahre von 40 Minuten Verspätung. Zeit genug, um im riesigen Duty Free nach etwas Nützlichem zu suchen: ein Auto-Ladekabel für mein Netbook.


Ich habe mir in den Kopf gesetzt, „Lawrence von Arabien“ den beeindruckenden Klassiker von David Lean, mir am Rande der Wüste auf der Kühlerhaube sitzend unter klarem Sternenhimmel anzuschauen. In Dubai habe ich schon zwei Anläufe genommen, keiner hatte so ein Kabel. Hier zunächst auch nicht. Der afrikanische Verkäufer schickte mich ans andere Ende der Duty Free Halle. Zwei lustige asiatische Verkäuferinnen konnten mir weiterhelfen. Gekauft.

Irgendwann kommt dann auch der Flieger, der von Zürich hier zwischenlandet, einige Passagiere rauslässt und neue wie mich bis zum Endziel Muscat im Oman mitnimmt. Das mit dem Visum klappt auch ganz gut – ich muss keine 40 EUR bezahlen. Dies gilt nur, wenn man max. 5 Tage in Dubai gewesen ist, dann reicht ein einfacher Einreisestempel. Mein bestelltes Auto ist natürlich kein Kombi oder Schrägheck. Da lässt sich auch nichts dran drehen, sowas haben die hier nicht im Angebot. Warum auch immer. Schade, die Idee mal im Auto zu übernachten ist somit passe. Da hätte ich mir auch ein kleineres Auto nehmen können, statt diesem doch recht großen KIA Optima. Dafür ist er sehr gut ausgestattet. Ich hatte mich neulich noch gewundert, als ich mal kurz den 1971er Chevrolet Chevelle meines Bruders fuhr, das die Handbremse eine Fußbremse ist, also links neben dem normalen Bremspedal liegt. Das ist hier bei diesen nagelneuen Optima genauso. Andere Länder, andere Handbremsen. Oder so.

Nachdem nun alles recht langsam und umständlich geklärt wurde, sitze ich gegen 2 Uhr in meinem Mietauto. Meine NaviApp kennt sogar das ausgewählte Hotel und lotst mich beinahe hin. Der heilige moslemische Freitag scheint hier auch PartyTime zu sein, ich sehe überall Jugendliche in teuren Schlitten herumfahren, singen, lachen, Spaß haben. Vier junge Leute rufen mir aus einem Cabrio zu „We love you!“ Arabische Blumenkinder? ;) Sehr beliebt bei der omanischen Jugend sind V8 – Modelle a la Ford Mustang, Dodge Challenger und Chevrolet Camaro. Aber auch vereinzelt aktuelle Lamborghini oder Ferrari. Eben Autos mit Ausstrahlung, keine der Allerwelts-Blechblasen. Irgendwann finde ich das indisch geführte Hotel. Im Vergleich zum Hotel in Dubai eher schlicht und kitschig, aber für einen Reisenden mehr als in Ordnung. Ich falle gegen 3 Uhr todmüde in mein viel zu kurzes Bett.


Leben im Museum


Yoda am Creek


Die alte Scheichwohnung am Creek...


... gab es tatsächlich auch früher schon.


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