Montag, 16. Dezember 2013: Der Tag der Festungen und der extrem heißen Quelle…

Dem gierigen Inder habe ich nach seinem recht akzeptablen Frühstück noch einmal mit Nachdruck vermittelt, das seine Bruchbude keine 60 Eur für eine Übernachtung wert ist. Mir war klar, dass dies sein ins Gesicht gemeißeltes Grinsen nicht vertreiben wird. Wenn ich wieder komme, dann wird auf der anderen Straßenseite ein 3*-Hotel eröffnet, da kann ich ja dann einchecken. Sagt er. Ich unterstütze ja gern notleidende Hotelwirte, die sich bemühen. Aber der hier hat mich einfach nur dreist belogen, das Hotel ist schlicht und einfach leer und ich musste ein Doppelzimmer bezahlen, also 20 Eur mehr. Ach was reg ich mich auf, ich habe gestern eine Bewertung im  TripAdvisor über diesen Schuppen hier geschrieben ;)

Ich steige ins Auto und fahre über den Berg ins eigentliche Rustaq. Gerade kommt auf meiner MP3-CD „Savanne“ von Ali Farka Toure, dem leider schon verstorbenen Großmeister des Mali-Blues. Ich finde das passt auch in den Oman, ich drehe laut auf und habe beste Entdeckerlaune. Ich finde auch gleich das Fort von Rustaq. Die haben die Hauptpforte noch nicht geöffnet, nur eine Art Touristenklappe im schweren Tor. Von drinnen begrüßen mich drei Herren im omanischen Gewand. Ich reiche meinen Fotorucksack durch die Klappe, zwänge mich dann auch durch, während zwei Männer versuchen das schwere Portal zu öffnen.
Die Festung ist recht groß und liegt mitten im Ort. Eintritt musste ich nicht bezahlen, der liegt sowieso meist nur bei einem halben Rial (ca. 90 Cent). Ich klettere alle sichtbaren Treppen hoch und runter, nicht ohne mir den Kopf wenigstens zweimal zu stoßen. Die Aussicht von oben ist grandios, besonders auf einen Dattelpalmenhain und die nahen Berge. Ich bin wieder allein, bis ein indisches Pärchen des Weges kommt und sich ständig fotografiert. Zaghaft fragen sie, ob ich das übernehmen könnte. Ich knipse sie dann auch gleich zehn Mal, bis ich zufrieden mit dem Ergebnis bin. Die beiden freut es und mich auch. Jetzt suche ich noch das zweite Highlight von Rustaq – die heißen Quellen. Am Rande des Eingangs zu einem Wadi, direkt vor einer Moschee werde ich fündig. Aus etwa 5 Meter Tiefe steigt glasklares sehr heißes Wasser auf. Es brodelt nicht, aber es ist zum Baden für meine Verhältnisse zu heiß. Über einen Kanal werden gleich nebenan mehrere Freiluftkabinen mit dem Wasser versorgt. Natürlich streng getrennt nach Frauen und Männern.

Die werden sich die Haut versengen. Die Männer werden unfruchtbar! ;) Hinter den Kabinen kommt das Wasser in einem Kanal hervor. Überall hängen Schilder, dass man hier keinesfalls sein Auto waschen soll. Ich fahre jetzt wieder 12 km zurück, weil ich gestern schon den Wadi Bani Awf befahren wollte. Das funktioniert auch ganz gut. Grandiose Felswände türmen sich wieder links und rechts auf. Ich halte immer wieder und fotografiere oder Filme meine Durchfahrt, indem ich den Camcorder auf dem Armaturenbrett mit Panzertape befestige und arabische Musik vom Radio als Soundtrack dazu laufen lasse. Nach ca. 7 km ist die sehr gut ausgebaute Straße zu Ende. Ich versuche es trotzdem weiter, schaffe auch noch eine bewässerte Furt aber dann kommen größere Geröllbrocken, die meinem KIA-Straßenkreuzer (wirklich sehr gutes Auto, man merkt den Einfluss der Audi-Leute, die zu KIA gewechselt haben) nicht gut tun würden. Ich versuche mit einer 9-Phasen-Wendung umzudrehen, was nicht wirklich so leicht ist, ohne an diversen Geröllhaufen das Auto zu gravieren. Ich bedauere immer mehr, keinen Geländewagen gemietet zu haben. Das wäre zu zweit sicher erschwinglicher gewesen. Aber leider konnte niemand mit, auch nicht die Person, von der ich es mir gewünscht hätte. Aber sie bekam eben keinen Urlaub.

Ich kehre also um und nehme Kurs auf das 25 km östlich von Rustaq gelegene Al-Hazm, wo die omanische Vorzeigefestung schlechthin steht. Ich werde von drei Omanis freudig per Handschlag begrüßt, was wohl der  Ermangelung an Besuchern geschuldet ist. Die Festung ist wunderbar renoviert und eigentlich ein Labyrinth, welches es den Erbauern ermöglichte, im Eroberungsfall durch zahlreiche Geheimgänge (angeblich sogar bis Rustaq) zu verschwinden. Aber so weit kam es selten, denn über die zwei raffiniert gesetztenKanonentürme konnte das ganze Umfeld beschossen werden, sogar unterhalb aller vier Mauern, im toten Winkel. Weitere ausgeklügelte Verteidigungsanlagen, geheime Verließe, Vorratsspeicher und Zisternen, sowie ein eigener Miniflusslauf direkt unter der Festung sprechen für den Einfallsreichtum der Erbauer. Einen dieser stockdunklen Geheimgänge bin ich mit meiner Taschenlampe gebückt entlang gegangen. Das war ein wenig spooky, also wenn ich die Lampe mal ausgemacht hatte und dem Plätschern und Gurgeln des unterirdischen Versorgungswasserlaufes lauschte. Die ganze Festung hat tatsächlich etwas von einem Labyrinth.

Der Spruch „Come in, find out!“ eines Gerücheladens würde hier viel besser zutreffen. Ich finde den Ausgang. Draußen werde ich von Raschid, einen der drei Omanis, die jetzt auf einer Mauer sitzen, zum Kaffee eingeladen. Da nehme ich doch dankend an. Ich hätte auch nichts gegen die schwarzen Dadeln gehabt, aber der Schwarm Fliegen, der sich nach Abnahme der Abdeckung der Schüssel in alle Winde zerstäubte, ließ mich dann doch dankend ablehnen.
Mit Raschid habe ich dann im Rahmen unserer beider Englischkenntnisse versucht, über Gott und die Welt zu reden. Das bezog sich auf 3 Päpste, den wunderschönen Oman, die sogenannten arabischen Frühlingsrevolutionen, die Religionen und dem verblichenen Bin Laden. Dann lehrte er mich noch ein wenig den arabische Knigge: die Kaffeeschale gibt man immer von Hand zu Hand, auch nach dem Austrinken. Sie einfach abzustellen bedeutet, es hat nicht geschmeckt. Wenn man sie in die Hand des Gastgebers zurückgibt, dann möchte man noch einen Kaffee. Wenn man keinen mehr mag, dann wackelt man mit der Schale, bevor man sie zurückgibt. Ok, verstanden. Ich wackele nicht, ich nehme noch einen, der ist so schön stark und bin vorhin wieder eingeschlafen.  Kopfschmerzen habe ich jetzt keine mehr, das lag wohl gestern am Fehlen einer Kopfbedeckung. Ich bedanke mich bei Raschid, verabschiede mich. Genauso habe ich sie mir vorgestellt, die viel gepriesene arabische Gastfreundschaft. Ich bin scharf auf mehr von solchen Begegnungen.

Im Auto überlege ich, wohin ich jetzt fahren könnte. Nach dem Reiseführer-Check einiger Küstenorte im Nordosten von Oman, beschließe ich wieder in den inneren Oman zu fahren, Richtung Ibri. Also wieder die 25 km zurück nach Rustaq und am mir mittlerweile sehr gut bekannten Kreisverkehr rechts ab. Noch eine Stunde, dann ist es wieder dunkel. Ich habe die Wahl – Zelt oder Hotel? Auf der Strecke liegt kein dem Reiseführer bekanntes Hotel, erst in Ibri. Mal schauen, ob noch eines vorher kommt. Gleichzeitig fahre ich aber diverse Feldwege testweise ab, um einen geeigneten ruhigen und abgeschiedenen Platz für das Zelt zu finden. Immer Fehlanzeige. Entweder gibt es zu viel Geröll, der Platz ist zu dicht an der Straße oder an einem Dorf. Einmal fuhr ich einen Hang hinunter an einen fast trockenen Wadi. Traumhafte Kulisse mit dem Mond über einem Koloss von Berg stehend, dem Wadi, dem nahen Palmenhain. Aber es standen auch 3 Autos herum und niemand war zu sehen. 

Auch wenn die Wahrscheinlichkeit ziemlich gering ist, dass gerade diese Nacht eine Flutwelle den Wadi hinab rauscht – alles zusammen erfüllt nicht meine Undercover-Zeltaufschlag-Kriterien. Nach dem 5. Versuch will ich in einem kleinen Hotel einchecken, was gleichzeitig auch ein einfaches Straßenrestaurant ist. Dort sagt man mir, dass es voll und sicher auch nichts für Europäer wäre. Gegenüber, etwa 1 km die Straße weiter, wäre noch eines. Der Haken – ich komme nicht rüber, weil die Straße durch Leitplanken getrennt ist. Ich soll 10 km weiter bis zum Kreisverkehr fahren. Ganz so weit komme ich jedoch nicht, denn eine Polizeikontrolle stoppt mich vorher. Ich hatte sie überhaupt nicht gesehen, war auch ziemlich rasant den Highway entlang gerauscht. Aber sie wollten nur meine Papiere sehen und mit einem Jalla! und einem arabischen Tschüss durfte ich weiterfahren. Heute und gestern hatte ich schon schwer bewaffnete Militärposten passiert. Die hatten mich aber immer nur durchgewunken. Der sehr große angekündigte Kreisverkehr hat noch keinerlei Hinweisschilder, außer das von STRABAG, die hier wohl bauen. Ich fahre links ab, dort fängt eine planierte Piste an, die wohl demnächst betoniert werden soll. Die fahre ich so knapp 2 km lang, sehe dann rechts einen Durchlass auf eine Ebene mit leichten Geröll und kleineren Büschen und Minibäumchen.

Da fahre ich etwa 250 m ins Gelände rein, der Mond scheint wieder hell über die Landschaft, ich kann mein Zelt ohne Taschenlampe aufbauen. Heringe bekomme ich wieder nicht in den Boden. Es weht ein leichter Wind, das leere Zelt droht davonzufliegen, ich beschwere es schnell mit Matratze und Fotorucksack, verklebe die Enden der Glasfiberstäbe mit den Ösen und setze mich auf die Rückbank des Autos, um diesen Bericht zu schreiben. Danach laufe ich mit einer offenen Büchse Thunfisch und einem alkoholfreien Bier durch das Gelände, setze mich auf einen Stein und betrachte die Silhouette der sehr nahen Berge. Das ist doch etwas ganz Anderes, als in einem Hotel zu hocken. Der Mond, eine sternklare Nacht und Ruhe – wunderbar. Relative Ruhe, denn aus der Ferne, aus den gegenüberliegenden Bergen kommen leise Geräusche, vermutlich wird da eine der vielen neuen Straßen durch die Wadis gebaut, um auch noch den letzten versteckten Weiler, das letzte abgelegene Dorf an die omanische Neuzeit anzuschließen. Ich schaue mir jetzt Lawrence von Arabien an, ich hoffe die Netbookbatterien halten so lange, denn der Film geht meines Wissens knapp drei Stunden. Falls nicht – Fortsetzung dann morgen Abend. N8.


Reisender auf dem Fort Rustaq


Heißen Quellen von Rustaq


Fort Rustaq


Ruine in der Nähe von Rustaq


Raschid, der Freundliche


Fort Al-Hazm



Kanonenturm von Fort Al-Hazm



Durch die Berge nach Ibri

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