Das
Hotel hielt, was es versprach. Der Rezeptionist saß um 9 Uhr immer noch oder
schon wieder an seinem Empfangshallentisch. Da er unbedingt wissen wollte, ob
mir das Hotel gefallen hat und ob etwas beim Frühstück gefehlt hätte, sage ich
ihm, das alles perfekt war. Ich frage ihn, ob er sich vorstellen kann, dass es
zum gleichen Preis eine absolute Bruchbude bei einem Landsmann von ihm in
Rustaq gibt. Nein, kann er nicht. Ein bisschen sieht er wie ein indischer Achim
Mentzel aus, kommt aber aus Kerala, in Südindien. Und vermutlich beleidige ich
ihn mit diesem Vergleich. ;) Aber da er das neue Hotel noch besser machen will,
sage ich ihm, dass in meinem Badezimmer ca. 29 mikroskopisch kleine Ameisen auf
den Fliesen Staffellauf machen. Mir war es aber ein Vergnügen, ihnen mit dem
Duschkopf und Wasser das Schwimmen beizubringen. Wir lachen beide.
Das gigantische Lehm-Fort von Bahla wird schon seit
Jahren renoviert. Mittlerweile hat es Freitag und Samstag für ein paar Stunden
auf. Schade, heute ist Mittwoch. Der gegenüberliegende Souq ist zwar noch
ursprünglich, bietet aber auch nur Haushaltswaren und Plastik und ein bisschen
Gold- und Silberschmuck an. Ich setze mich wieder ins Auto und cruise im
Schritttempo durch die alten Viertel von Bahla, denn es sind heute sogar 32
Grad und die Sonne brennt ziemlich gnadenlos. Nun, dann fahre ich mal rüber in
die 5 km entfernte Festung Jabrin. Vorher mache ich mir noch das Vergnügen und
tanke für 10,80 EUR mein Auto voll.
Jabrin ist eine sehr gut erhaltene und renovierte
Festung. Sie wurde in Friedenszeiten erbaut, diente dem Imam, der gleichzeitig
religiöses und weltliches Oberhaupt war als Wohnschloss und Fluchtburg. Mir
macht es Spaß, die vielen kleinen versteckten Räume zu erkunden, die dunklen
davon auszuleuchten und dem Audioguide zu lauschen. Ich hatte lange nicht mehr
so ein Ding auf den Ohren, wunderte mich zunächst, warum ich immer wieder
dieselbe Geschichte hörte. Aber die Dinger (von Sennheiser) fangen an zu reden,
wenn man einen neuen Raum erreicht hat, bekommen also ihre Erzählbefehle direkt
aus dem jeweiligen Raum durch einen Sender. Nach einer Stunde kenne ich dann
aber auch fast jeden zugänglichen Winkel der sehr schönen Festung.
Hoch oben
auf dem Dach, im Raum der ehemaligen Koranschule halte ich eine kleine Siesta.
Angenehm weht ein laues Lüftchen durch die ausgeklügelten Belüftungssysteme.
Die Räume des Imams und seiner Familie sind überschaubar und bescheiden.
Interessant fand ich das mittelalterliche Gadget in der steilen Treppe, die zu
seinen Gemächern führt. Die vierte Treppenstufe war nicht aus Stein wie all die
anderen, sondern als Holz. Durch den anderen Klang sollte oben in den Gemächern
rechtzeitig klar sein, dass jemand die Treppe hochkommt. Nachts wurde die
Holzstufe abgenommen und der ungebetene Eindringling fiel in die Tiefe oder tat
sich zumindest höllisch weh.
In Bahla zurück, kaufe ich noch ein paar Getränke und
Lebensmittel ein und mache mich auf, um nach Al-Hamra zu fahren. Dort möchte
ich einen asphaltierten Pass bis Ghul in die Berge folgen, danach braucht man
dann wieder einen Geländewagen. Diese Strecke soll eine der schönsten im Oman
sein und die möchte ich natürlich befahren, soweit ich komme. Vorher entdecke
ich aber noch ein Schild in Al-Hamra, auf dem The View steht. Irgendetwas hatte
ich heute doch von einem grandiosen Aussichtspunkt hier in der Gegend gelesen.
Ich folge also einer nicht asphaltierten Piste, die aber weitestgehend sehr gut
planiert ist, kein Vergleich zu der Buckelpiste gestern. 7,5 km geht es steil
bergauf, der KIA Optima schlägt sich mit seiner Automatik und wahlweiser
Formel1 – Schaltung wacker. Oben angekommen entpuppt sich The View als ein Camp
mit Bungalows auf Stelzen und massiven Zelten. Beides ist noch im Bau. Der
Manager, eine Art indischer Elvis (Gestik und Mimik) begrüßt mich, erzählt mir
vom Projekt The View, an dem sie schon seit 3 Jahren bauen und das kurz vor der
Eröffnung steht. In der Tat sieht schon vieles fertig aus, es wird emsig
gearbeitet, die Außenanlagen nehmen Kontur an, die Terrasse nebst Restaurant
ist schon fertig, aber noch nicht offen. Man hat von hier aus einen fabelhaften
Blick auf das Tal und die Berge rundherum.
Für eine oder zwei Übernachtungen sicher
sehr schön. Ich bekomme einen frisch gepressten leckeren Orangensaft auf Kosten
des Hauses von einem Mitarbeiter serviert und unterhalte mich noch ein wenig
mit „Elvis“, der aus Bangalore kommt und auf dessen Visitenkarte, Richard John
Paul steht. Endlich mal ein Inder, der meinen Lieblingsort in diesem
Bundesstaat kennt: Hampi. Ok, dann will ich auch mal die Internetadresse dazu
posten: www.TheViewOman.com
Hinter dem zukünftigen Berg-Luxus-Camp ist um die Kurve
noch ein ärmliches Dorf versteckt. Ich sehe spielende Kinder, Ziegen, sehr viel
Ziegen, aber kaum Menschen. Ein kleiner Junge rennt zum Tor seines Hauses, als
er mich langsam anrollen sieht. Die Neugier siegt aber, er bleibt am Griff der
Hoftür hängen, jederzeit bereit zu flüchten, wenn der Fremde aussteigen sollte.
Da die Straßen des Dorfes meinem Auto bzw. dessen Unterboden nicht gut tun
würden, wende ich vorsichtig. Den Berg herunter geht es etwas schneller, ich
überhole 2 kleine Laster und bringe es stellenweise sogar auf 40 km/h, setze sogar
nirgends auf.
Jetzt aber nach Ghul, etwa 10 km weiter. Das Tal ist
atemberaubend schön. Der Reiseführer hat nicht zu viel versprochen. Ich
schraube mich langsam in vielen Serpentinen zum Gipfel der Bergkette hoch.
Wunderbare Ausblicke, besonders als die Sonne pünktlich gegen 18 Uhr untergeht.
In irgendeiner Kurve geht eine holprige Piste in ein Dorf auf der anderen Seite
der Berge herunter. Kurz davor wiederum geht eine kleine Piste zu einem etwa 8
m hohen Funkmast hoch. Die laufe ich entlang und entdecke 15 m oberhalb des
Mastes einen idealen Platz, mein Auto und mein Zelt unsichtbar zu machen. Man
sieht es weder von der 20 m weiter unten verlaufenden Passstraße, noch von der
Piste, die in das Taldorf führt.
Bingo. Das hier ist eine wunderschöne und exquisite Lage
und weitaus besser als ein Sternehotel. Die Luft ist klar, es ist extrem ruhig
und als der Mond sich dann über einen Berggipfel schiebt, wähne ich mich auf
einem anderen Planeten. Das hier erzeugt Glückshormone. Ich muss jetzt nur noch
herausbekommen, wann hier Sonnenaufgang ist. Den möchte ich mir nicht entgehen
lassen. Ich vermeide es, meine extrem starke Taschenlampe zu nutzen, auch die
Innenbeleuchtung des Autos schalte ich aus. Hier muss mich keiner entdecken, es
kam bisher aber nur ein Auto aus dem Tal die Piste herauf. Ich öffne eine
Büchse Corned Beef mit dem Messer, klemme etwas davon zwischen ein Fladenbrot
und trinke eine Flasche Milch dazu im Mondenschein. Wunderbar, die Silhouetten
der Berge ringsherum. Auf dem Rücksitz tippe ich diesen Blogeintrag und sende
ihn über den nahen Funkmast heraus aus diesem wunderbaren Bergplaneten, auf dem
ich für diese Nacht gelandet bin. Mindestens noch eine Stunde sitze ich danach
draußen auf einem Felsen, lausche in die Nacht, in das Tal hinab, bin
glücklich.
Fort Bahla
Fort Bahla
Fort Jabrin
Fort Jabrin
Fort Jabrin / ChillVogel
Fort Jabrin (diese Räume sollte man bei uns auch einführen)
Fort Jabrin
Fort Jabrin (Special Effect - Treppe des Imam)
Eiskalte Zelt-Übernachtung hoch oben...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen