Dienstag, 24. Dezember 2013: Es geht zurück, in das Land der grauen Weihnacht…

Mein letzter Tag im Oman bricht an. Ich überlege schon den ganzen Morgen, ob ich noch einmal ins 100 km entfernte Ash Shab aufbreche. Vorbei an den Hauptstadt-Radarfallen deutscher Produktion. Da fällt mir ein, das ich die Sultan Qaboos Grand Mosque mir noch anschauen wollte. Es ist die größte und vermutlich sehenswerteste Moschee des Landes und sie wurde 2001 nach 6 Jahren Bauzeit fertiggestellt. Damals hatte sie den größten zusammenhängenden Teppich der Welt (70 x 60 m) und den größten Swarowski-Kristallleuchter. Beide „Titel“ wurden ihr nach nur wenigen Jahren von der neuen Riesen-Moschee in Abu Dhabi abgenommen. Dort kam ich seinerzeit (2010) auf dem Weg zum Flughafen noch hinein, hier in Muscat nicht, denn das geht wohl nur bis 11 Uhr. Die Sultan Qaboos Grand Moschee ist auch eine der wenigen Gotteshäuser im Oman, die für Nichtgläubige zugänglich ist. Aber auch von außen ist das Bauwerk mehr als imposant. Das höchste Minarett bringt es immerhin auf 90 m Höhe, 6000 Gläubige können im Innern beten, auf dem Gebetsplatz davor weitere 14000. Soviel Platz braucht keine katholische Kirche bei uns, da müssten schon die Gläubigen aus mehreren deutschen Groß- und Kleinstädten zusammengezogen und ihnen gut zugeredet werden. Die Moschee liegt weit außerhalb von Muscat, an der Hauptstraße nach Al-Azaiba. Immerhin hatte ich eine Heiligabend-Erscheinung vor der Moschee (siehe Videoclip).

Irgendwie komme ich an der neuen, noch nicht ganz fertigen aber bereits eröffneten Muscat Grand Mall vorbei. Mich interessiert, ob es auch hier die ewig gleiche Mischung aus hochpreisigen westlichen Markengeschäften gibt. Gibt es. Ich finde aber auch nichts, was mich faszinieren könnte, nichts was fremd und ungewohnt ist. Diese Welt wird immer gleicher, austauschbarer. Nach 15 Minuten bin ich wieder draußen. Fcuk Globalisierung, man wird irgendwann anhand der Supermärkte, Shopping Malls überhaupt nicht mehr erkennen, das man im Ausland ist. Nur gut, das da genug Frauen mit Burka herum laufen. Ich frage mich aber immer, WANN sie denn diese teuren westlichen Fummel tragen… Vielleicht unter der schwarzen Rüstung? Oder exklusiv in den eigenen vier Wänden zur Erbauung des Gatten? Nicht mein Problem.

Was bietet Muscat noch an imposanter Architektur? Die neue Oper. Richtig. Oman hat ja eine Jahrhunderte-alte Opern-Tradition. ;) Natürlich nicht. Allerdings eine reiche Tradition an Musik und Dichtung. Per Dekret ließ der Sultan das Royal Opera House mit 1100 Plätzen erbauen und 2011 feierlich eröffnen. Die Architektur ist nicht futuristisch, eher passend zum Oman, was ich als sehr angenehm empfinde. Ich komme nur bis zum Ticketschalter, aber schon das Foyer ist sehr eindrucksvoll, elegant und sehr geschmackvoll, keineswegs protzig gestaltet. In einem Seitenflügel hat man eine kleine Edel-Boutiquen Mall integriert. Mehr ist unter www.rohmuscat.org.om zu finden.

Der Rest meines letzten Tages im Oman hält leider keine großen Überraschungen oder kleine Abenteuer für mich bereit. Ich fahre noch einmal in Richtung Seeb, um den dortigen Souk zu besuchen. Leider endet das in einer Reihe von Staus, Umleitungen und „Ich verfahr mich mal eben…“ – Erlebnissen. Irgendwann kaufe ich mir eine Flasche Milch in einem Lulu-Market und nuckele daran etwas frustriert am Rande eines Straßengrabens. Leider ist es auch schon wieder dunkel. Irgendwann fahre ich zurück. Zurück in den großen Carrefour-Supermarkt im City Centre in der Nähe des Flughafens. Ich muss meine Zeltausrüstung noch loswerden. Bisher ist mir aber noch niemand über den Weg gelaufen, der das Zeug eventuell gebrauchen könnte: eine gute Luftmatratze nebst Pumpe, ein angebliches 3-Mann-Kuppelzelt (für zwei sicher ok) und eine Kuscheldecke. Einfach das Ganze irgendwo anonym abladen mag ich auch nicht. 

Im Parkhaus des City Centre kommt mir nach Erreichen der Parkposition ein junger freudig strahlender Asiate entgegen. Bevor er mir sagen kann, dass er gern mein Auto putzen mag, mache ich meinen Kofferraum auf und preise meine Zeltausrüstung wie ein Souq-Verkäufer an. Sandib weiß erst mal überhaupt nicht, was der Fremde ihm da andrehen will und warum. Als ich mehrmals betone, dass er den Kram umsonst haben kann, strahlt er stumm, schultert seine neue MinimalOutdoorAusrüstung und schafft sie in Sicherheit. Ich bewache solange seinen fahrbaren Putzcontainer. Und da ich einmal beim Beräumen meines doch recht großen Kofferraums bin, stelle ich Sandib auch noch 3 Flaschen feinstes omanisches Mineralwasser an seinen Arbeitsplatz. Keine Ahnung, was der junge Mann mit den Gebrauchtgaben macht. Wenn er noch ein paar omanische Real dafür bekommt, umso besser.

Langsam wird es Zeit, den Flughafen anzusteuern. Ich gebe das Auto ab. Auf Nachfrage will niemand mit mir zusammen um das Gefährt springen und nach Beulen suchen. Es gibt nur die lapidare Frage „Did you have an accident?” Ich verneine, tue noch kund, dass ich aufgetankt habe und werde in den Flughafen entlassen. Noch einmal versuche ich den Verbleib meines in Dubai erstandenen Netbook-Ladekabels herauszufinden. Der Lost & Found – Schalter der omanischen Polizei hat nur bis 13 Uhr auf. Ich rufe eine Nummer an, aber der sich offenbar schon im Feierabend befindliche Beamte weiß von nichts. Ok, vergessen wir das Kabel. Irgendwann sitze ich im Flieger und hebe ab in Richtung Bahrein. Dort gelandet erfreue ich mich als Transitreisender eines erneuten Sicherheitschecks. Kann man im Oman im Duty Free etwa Waffen kaufen? Oder im Flieger von Gulf Airline Rauschgift shoppen? Manche Länder übertrumpfen den westlich vorgelebten Sicherheitswahn noch um Längen. Einen Kaffee bekommt man hier auch nur, wenn man 5 EUR als Schein passend hat. Ich lese bis zum Weiterflug den Altmann. Sehr erbaulich. In der Luft bringt mir im halbleeren arabisch dominierten Flieger von Gulf Airline irgendwann eine arabische Stewardess verstohlen lächelnd einen Plastikbecher mit Sekt vorbei und flüstert: „Merry Christmas“. 


 Sultan Qaboos Grand Mosque
Meine weihnachtliche Erscheinung...

Sultan Qaboos Grand Mosque
 Royal Opera House Muscat


Sandib, ein künftiger Outdoorianer
Der Sultan verabschiedet mich...


Montag, 23. Dezember 2013: Des Sultans Homebase…

Nach dem Frühstück markiere ich in meinem Navi erst einmal die aktuelle Position des Hotels. Heute Abend will ich es in weniger als 10 Minuten im Rushhour-Verkehr im Anflug finden können. J  Die letzten zwei Tage stehen im Zeichen der Hauptstadt-Erkundung. Muscat (sprich Masskatt) hat nichts mit der Muskatnuss zu tun. Die Bedeutung liegt wohl zwischen „Ort des Fallens“, „Ankerplatz“ bzw. den Bergen, die steil zum Ufer des Meeres abfallen. Muscat ist nicht vergleichbar mit Dubai oder Abu Dhabi. Gottseidank. Der eigentliche Ort Muscat besteht nur aus dem Regierungsviertel, dem Palast des Sultans, ein bisschen „Alt“stadt und den zwei Festungen Mirani und Jalali, die nicht öffentlich zugänglich sind. Jalali ist sogar nur Staatsgästen vorbehalten. Das Leben tobt in den Ortsteilen um Muscat herum, z.B. in Qurum und Mutrah bzw. dem Umland, das zur Capital Area gehört.

Man hat in Oman darauf verzichtet mit den Ölmillionen aberwitzige und überflüssige Wolkenkratzer wie in den Emiraten zu bauen. Muscat hat zwar kaum einen Altstadtkern, aber alles wurde städtebaulich behutsamer und der Tradition des Landes angepasster neu gebaut. 1970 entmachtete der heutige Sultan Qaboos seinen Vater, der es strikt verbot, neue Gebäude zu erbauen, dessen Land extrem rückschrittlich war. Es soll nur eine Schule im ganzen Oman gegeben haben. Der in England ausgebildete neue Sultan gelobte in seiner Krönungsansprache, den Oman in die Moderne zu führen. Mit den Ölmillionen ist ihm das weitestgehend gelungen. Es gibt überall kostenlose Schulen, Krankenhäuser und eine richtig gute Infrastruktur, die ständig erweitert wird. Natürlich alles auch irgendwo auf Kosten der Millionen Billiglöhner aus Asien, die diesen Fortschritt in die Tat umsetzten. Ich habe mich schon in den Emiraten gefragt, warum man dem emsigen asiatischen Billigarbeiter nicht mal ein Denkmal setzt. Das wird es aber vermutlich nie geben.

Mein Hotel steht im Ortsteil Ruwi. Ich mach mich als Erstes auf nach Mutrah, will in den Souq, der zwar renoviert ist, aber trotzdem noch eine Menge arabisches Flair haben soll. Mutrah ist eigentlich die Schwesterstadt von Muscat, hatte nur den Nachteil, von der Landseite angreifbar zu sein, da es keine schützenden Berge hat. Ich lande an der Corniche, der relative neuen Uferstraße von Mutrah, die auch gut in Südeuropa hätte stehen können. Irgendwo bekomme ich sogar einen Parkplatz. Nebenan verzücken Wellenbrecher Schulkinder auf dem Nachhauseweg, indem öfters mal eine größere Dusche auf den Gehweg schwappt und den einen oder anderen der Jungs erwischt. Einer von ihnen macht es sich völlig durchnässt auf meiner Motorhaube bequem. Ich erschrecke ihn mit der kräftigen Hupe. Der Arme. J 

Ich streife durch den gegenüberliegenden Souq, der eindeutig asiatisch dominiert wird. Die auch hier recht aufdringlichen Verkäufer wehre ich mit dem Zeigefinger vor und einem Psssssst! aus meinem Mund ab. Das verblüfft immer wieder den einen oder anderen. Ehrlich gesagt brauche ich von diesem teilweise üblen Touristentand nichts. Selbst die Krummdolche gefallen mir nicht, ist einfach nicht mein Style. Trotzdem suche ich ein paar Mitbringsel. Landestypisch. Weihrauch fällt mir ein. Ich kaufe ein paar kleine Dosen davon. Sicher nur Touristenverschnitt, denn das gute Zeugs sieht schon allein von der Färbung etwas anders aus und ist auch teurer. Egal, es riecht nach Weihrauch. Ich sehe nirgends Tabak für Wasserpfeifen, frage einen Asiaten danach. Wir wechseln die Seite des Souqs und kramen zusammen in ein paar Kisten herum, packen ein paar Sorten aus. Dann noch ein wenig handeln, das macht mir ja immer am meisten Spaß.

Irgendwann drifte ich in den Gold-Souq ab, das interessiert mich jedoch gleich gar nicht. Auch nicht der angrenzende Kleinkinderbekleidungs-Souq. Ich suche den Ausgang, setze mich in eines der wenigen Straßen-Cafe, denn es fängt wieder leicht zu regnen an. Nachdem ich noch ein paar interessante Schnappschüsse gemacht und gelesen habe, mach ich mich in das Regierungsviertel, ins eigentliche Muscat auf. Das geht ohne Stau nicht vonstatten. Irgendwann spült es mich direkt vor den Arbeitsplatz vom Sultan Qaboos. Also seinem Arbeitspalast. Der sieht wie wie der Eingang zu einem Vergnügungspark aus – sehr farbenfroh, getragen von vier pilzförmigen Säulen. Der Palast steht am Meer, drei Flakgeschütze sind auf die Meeresseite gerichtet, aber abgedeckt. Ich stehe auf der Seite der Festung Mirani, während das da gegenüber das Fort Jalali sein muss. Nett, ich habe es gesehen und cruise weiter durch den Regierungsbezirk. 

Ich fahre auf Verdacht ins Finanzministerium rein. Keiner stoppt mich, aber ich habe einen guten Parkplatz, um die andere noch prachtvollere Seite des „Disney“-Arbeitspalastes mir anzuschauen. Alles schön grün und bepflanzt hier. Ein paar Touristen schleppen sich in der Hitze über den großen Vorplatz, knipsen und verschwinden wieder. Da schließe ich mich an. Ich verlasse Muscat über Sidab, einem Vorort für Wohlbetuchte. Vermutlich werden hier die hohen Staatsbediensteten und die Elite des Landes wohnen. Die angrenzende Marina ist nicht besonders erwähnenswert. Einige einsam in der Landschaft wuchtig herumstehende Regierungsgebäude passierend komme ich wieder in „meinen“ Ortsteil Ruwi, genauer gesagt nach Wadi Kabir. Fast brauche ich meinen Navi-Marker nicht, aber auch nur fast.

Ich beschließe, heut mal schick essen zu gehen, mal keine Straßenkneipe, sondern was richtig Gutes, arabisch soll es aber schon sein. Mein Reiseführer meint, dass das www.kargeencaffe.com dafür recht gut taugen würde. Das beste arabische Restaurant in der Stadt. 18 km sagt meine NaviApp. Dann noch ein paar Leute fragen und schließlich stehe ich vor dem Kargeen, das erwartungsgemäß nicht leer ist, sondern gut besucht. Ein paar Edelkarossen stehen davor. Ich bevorzuge den Außenbereich. Staat arabischer Musik höre ich amerikanische Weihnachtslieder aus den 40er Jahren. Die mag ich zwar, aber nicht jetzt.

Einen Tisch bekomme ich nicht zugewiesen, also suche ich mir einen freien Sechsertisch aus. Das asiatische Personal hat man als Beduinen verkleidet. Die indischen Beduinen sind aber schwer beschäftigt und überlastet, rennen wie Hochleistungssportler hin und her, kommen aber nicht an meinen Tisch. Liegt es jetzt an meiner dunklen Kleidung und am spärlich illuminierten Tisch? Ich werfe mich zwei falschen Beduinen in den Weg, frage erst nach einer Karte, dann nach einer Möglichkeit zum Bestellen. Beides wird mir irgendwann gewährt. Arabisches Roulette spielend bestelle ich etwas, was mir völlig unbekannt ist und auch so klingt. Irgendwann kommt das dann tatsächlich an meinen Tisch – Fleisch und Chips in einer kalten Joghurtsoße vergraben, garniert mit Grantapfelmunition. Das schmeckt nicht schlecht.

Ich lasse meine Reise revue passieren und stelle fest, dass es eine verdammt gute Idee war, den Oman zu bereisen. Mir gefällt es hier. Unter Umständen könnte man irgendwann noch einmal herkommen, wenn die Reiseländer ausgehen. Dubai hingegen reicht vermutlich bis zu meinem Lebensende. 



Mutrah, gegenüber dem Hafen am Ende der Corniche Road
Mutrah Souq


Yoda vor dem Arbeitspalast vom Sultan


Des Sultans Garten-Flak...

Wappen des Sultans / Staatswappen

Arbeitspalast des Sultans (Landseite)

Marina bei Sidab

Das Kargeen